Vernissage „Wildwuchs“ am 01.11.2025
Vernissage „Wildwuchs“ am 01.11.2025

Vernissage „Wildwuchs“ am 01.11.2025

„Wildwuchs“ im Rahmen der schöneberger art mit „Vergessener Garten“ von Thilo Seibt

Fotoatelier am Schönen Berg
vom 01.11.2025 – 09.11.2025
Mansteinstr. 16, 10783 Berlin

Öffnungszeiten:
Samstag, 01.11.2025 14:00 – 20:00 (Schöneberger Artrundgang)
Sonntag, 02.11.2025 12:00 – 18:00 (Schöneberger Artrundgang)
Samstag und Sonntag 14:00 – 18:00

Das Ungeplante als kreative Kraft

Etwas ist außer Kontrolle. Es wächst. Ungeordnet, ungeplant, wild. Es ist Wildwuchs. Je nach Kontext schreiben wir dem Begriff unterschiedliche Bedeutungen zu. Gebräuchlich ist der Begriff in der Botanik. Gemeint ist das natürliche Wachstum von Pflanzen ohne menschliche Eingriffe. Auch im übertragenen Sinn finden wir viel Wildwuchs – immer, wenn Strukturen, Regelungen oder Entwicklungen unkontrolliert und unkoordiniert wuchern. Etwa in der Bürokratie, wenn sich zu viele Regeln, Vorschriften oder Zuständigkeiten überschneiden oder widersprechen. Oder in der städtischen Entwicklung, wenn sich Siedlungen wild und ohne Gesamtkonzept ausbreiten. Oder in den zwischenmenschlichen Beziehungen, im Kleiderschrank, auf der Straße …

Wildwuchs bezeichnet also ein unkontrolliertes, planloses oder unkoordiniertes Wachstum, sei es in der Natur oder in gesellschaftlichen bzw. technischen Systemen. Oft ist er negativ konnotiert, wird mit Unordnung assoziiert. Im Umweltkontext beobachten wir beispielsweise, dass invasive Pflanzenarten wild in die heimische Flora hineinwachsen und die heimische Pflanzenwelt verdrängen. Wildwuchs kann (Öko-)Systeme also komplett verändern.

Andererseits kann Wildwuchs in der Natur die Biodiversität auch fördern, weil er Lebensraum und Nahrung für Insekten, Vögel und Kleintiere schafft. Außerdem haben wildgewachsene Flächen ihren eigenen, natürlichen Charme und besitzen große Anziehungskraft.

Wildwuchs im übertragenen Sinn – etwa bei Ideen, Strukturen, im Denken, in der Kunst – kann kreativ und innovativ sein: Ungeordnete, freie Entwicklungen bringen oft unerwartete und neue Ideen hervor. Während strenge Ordnung Vielfalt unterdrückt, lässt Wildwuchs unterschiedliche Ansätze nebeneinander existieren. In Organisationen oder Projekten kann Wildwuchs bedeuten, dass sich Dinge flexibel und natürlich entwickeln, statt starr geplant zu werden. Und manchmal ist Wildwuchs auch Widerstand: als Ausgleich gegen fixe Normen und Überregulierung.

In der Kunst steht „Wildwuchs“ nicht für Unkraut oder Verwahrlosung, sondern als Metapher für kreative Freiheit, Regelbruch und organisches Wachstum von Ideen – abseits von etablierten Strukturen wie Museen, Akademien oder Märkten. Unkonventionelle originelle Ansätze führen zu neuen Ausdrucksformen. Der Dadaismus oder die Street Art haben es uns vorgemacht: Spontan, anarchisch, regelverweigernd. Wildwuchs in der Kunst ist also kein Systemfehler – er ist ein notwendiger Teil davon. In einer Welt, die auf Effizienz, Ordnung und Kontrolle ausgerichtet ist, erinnert er uns daran, dass manche wertvolle Ideen dort entstehen, wo niemand nach ihnen sucht.

teilnehmende Künstler:
Anneliese Fechner, Birgit Hampel, Cornelia Ogiolda, Edith Maria Balk, Erhard Flach, Gabriele Kuhlewind, Sibylle Hoffmann, Thilo Seibt, Thomas Tillmann, Ute C. Bauer, Wolfgang Eschenhorn, Winfried Mateyka


„Vergessener Garten“ © Thilo Seibt

In der Landschaft finden sich immer wieder stille Zeitzeugen. Zu entdecken sind Gebäude, Wege, Bäume, Gegenstände, Büsche und Spuren. Meist wollen sie nicht gemeinsam gefunden werden. Sie verwachsen unterschiedlich mit der Landschaft. Manche lösen sich auf. Beim Landstreichen, beim Sammeln können aber einzelne Hinweise gefunden werden. Erste vermutete Zusammenhänge wecken die menschliche Neugier und die Suche nach der eigenen Herkunft. Nach weiteren Erkundungen in der Landschaft und in den Büchern, beginnen die Zeugen zu sprechen. Es sind Geschichten alter Tage, vergessene Schicksale. Kleine und große Novellen, die der Alltag vor kurzer oder langer Zeit geschrieben hat. Sie lassen uns verträumt in die Vergangenheit schauen oder entsetzt zurückschrecken.

„Vergessener Garten“ © Thilo Seibt
„Vergessener Garten“ © Thilo Seibt